Drei Fragen an: Claudia Díaz, Geschäftsführerin bei ressourcenmangel an der Panke
In der Interviewreihe „Drei Fragen an“ des Leipziger Public Relations Studierende e.V. (LPRS) sprechen wir mit Persönlichkeiten aus der PR- und Kommunikationsbranche über die neuesten Trends und aktuelle Herausforderungen. Ganz nach dem Motto: Mehr Wissen. Mehr Kennen. Mehr Können. Ich habe mit Claudia Díaz, Geschäftsführerin bei der Agentur ressourcenmangel, über Agenda Setting in der Praxis, das größte Learning ihrer Karriere und gute Ratschläge gesprochen.
Johanna Mirea: Liebe Claudia, du bist jetzt seit eineinhalb Jahren bei ressourcenmangel. Welches Projekt war für dich in dieser Zeit das interessanteste?
Es gab verschiedene Projekte, die sich mit gegenwärtigen Themen beschäftigt haben. Wir haben zum Beispiel ein Projekt für das Deutsche Jugendinstitut umgesetzt: die Corona-Kita-Studie. Die war spannend, sehr aktuell und systemrelevant. Im Rahmen der Studie möchte die Bundesregierung herausfinden, welche Rolle die Kindertagesbetreuung bei der Ausbreitung von SARS-CoV-2 spielt, wie Kinder auf die Krankheit reagieren und vor welche Herausforderungen die Einrichtungen stehen.
In wenigen Wochen haben wir eine Datenbank und eine Webseite programmiert, in der sich Kitas registrieren können. Seit September 2020 können mit diesem Register Kitas und Tagespflegepersonen in der gesamten Bundesrepublik wöchentlich befragt werden, wie sich das Infektionsgeschehen bei ihnen vor Ort verändert. Dafür haben wir die Daten der Kitas regelmäßig ausgewertet.
Aus einer Datenperspektive war es spannend zu beobachten, wie sich das Infektionsrisiko in den Kindergärten entwickelte und die Datenbasis der Politik bei ihren Entscheidungen helfen konnte.
Noch spannender – aus einer Agenda-Setting-Perspektive – fand ich den E.ON Energieatlas. Die Idee haben wir gemeinsam mit E.ON Vertrieb entwickelt. Ziel war es, immer wieder neue Kommunikationsanlässe zu schaffen und Trends darzustellen. Der E.ON Energieatlas ist eine Datenbasis zum Thema Energiewende. Er dokumentiert anhand verschiedener Parameter, wie beispielsweise dem Anteil an Solarenergie oder dem Einsatz von Elektroautos, wie weit die Energiewende in Deutschland bereits fortgeschritten ist. Die großen, komplexen Datenmengen aus verschiedenen Quellen werden nicht nur bundesweit erfasst, sondern auch regional heruntergebrochen. Das gibt uns die Möglichkeit, immer wieder Themen zu setzen und neue Kommunikationsanlässe zu schaffen und mit diesen auf die Medien zuzugehen. Das Besondere am E.ON Energieatlas ist, dass die Daten nicht einmalig erhoben wurden, sondern fortlaufend aktualisiert werden. Wir arbeiten auch mit beliebten Rankings: Zum Beispiel können Nutzer:innen auf der Website herausfinden, wer die grünen Energiemeister in Deutschland sind und in welchem Bundesland energiesparsame Weihnachtsbeleuchtung besonders wichtig ist. Statt auf Defizite zu schauen, haben wir positive Kommunikationsanlässe gesucht und uns so auch den Tag der grünen Energie überlegt – der war letztes Jahr am 20. Juni. Das heißt: Deutschland konnte sich 2020 172 Tage mit Ökostrom versorgen. Das ist eine gute Nachricht.
Das Projekt unterstreicht die Relevanz der Energiewende für E.ON und zeigt, wie sich das Unternehmen für diese einsetzt. Der Energieatlas ist eine Quelle für Journalist:innen und interessierte Bürger:innen, die die Website jederzeit nutzen und ganz einfach an Informationen gelangen können.
Wir werden die Idee auch in diesem Jahr fortsetzen und weiterentwickeln. Der Kunde und auch wir als Agentur konnten zusammen wachsen und haben viel voneinander gelernt. Das Projekt hat wirklich sehr viel Spaß gemacht.
Johanna Mirea: Du bist schon seit 10 Jahren in der Kommunikationsbranche tätig. Was ist dein größtes Learning seitdem?
„Schick ist gut, aber relevant ist besser.“
Das ist keine einfache Frage. Aber eins meiner wichtigsten Learnings ist: Schick ist gut, aber relevant ist besser. Das ist auch unser Motto bei ressourcenmangel. Es lohnt sich, lange die Relevanz zu suchen und wenn es keine Relevanz gibt, sollte man es einfach sein lassen. Kommunikationsmaßnahmen bringen nur etwas, wenn sie einen Mehrwert liefern und für die Zielgruppen interessant sind. Deshalb lohnt es sich, wenn man sich den gesamten Prozess der Entwicklung einer Kampagne anschaut, viel in die Vorbereitung zu investieren, sich Zeit für eine gute Strategie und Insights zu nehmen. Essentiell ist es dabei, sich mit den Zielgruppen zu beschäftigen, zu verstehen, was sie bewegt, die Relevanz des Themas zu fassen und daraus gute Leitgedanken zu entwickeln.
„Ich glaube nicht, dass jedes Produkt oder jedes Thema relevant ist.“
Ich glaube, oft kann man die Relevanz von Produkten oder Themen finden. Diese Herausforderung macht mir Freude. Wenn man aber der Meinung ist, dass man mit der Kommunikation nichts erzeugt, dann sollte man so ehrlich sein und auch ins Gespräch mit der Kundin oder dem Kunden gehen und nach einer anderen Lösung suchen. Die Relevanz zu finden ist keine einfache Aufgabe. Ganz direkt gesagt: Auf gute Ideen kommt man oft. Doch sie erreichen nicht ihr Ziel, wenn die strategische Basis nicht stimmt. Dann ist eine gute Kreation im Endeffekt egal und das wäre schade.
Johanna Mirea: Welchen Tipp kannst du Absolvent:innen, die am Anfang ihrer Karriere stehen, mit auf den Weg geben?
Über den Berufseinstieg während der Pandemie:
„In der aktuellen Zeit sieht es für Absolvent:innen gar nicht so trüb aus. Viele Agenturen entwickeln sich gut, vor allem auch Agenturen mit systemrelevanten Kund:innen.“
Wir betreuen bei ressourcenmangel viele Ministerien, Senatsverwaltungen und öffentliche Institutionen, die jetzt massiv gefragt sind. Gerade solche Arbeitgeber:innen suchen neue Mitarbeiter:innen.
„Ich finde wichtig, dass man offen bleibt und schaut, welche Möglichkeiten es gibt. Dass man sich weiterbildet, dass man auch technisch in der Lage ist zu verstehen, was gerade passiert.“
Was mir immer geholfen hat: Spaß am Job. Deswegen bin ich auch der Agenturwelt treu geblieben. Das A und O ist es, Freude an der Sache zu haben.
Und sonst glaube ich, dass es wichtig ist, nicht stehen zu bleiben, sondern immer wieder zu schauen, was rechts und links passiert. Ich habe in der PR angefangen und habe mich dann weiterentwickelt in Richtung integrierte Kampagnen und integrierte Kommunikationsberatung, weil ich der Meinung bin, dass man ganzheitlich auf Themen und Aufgaben schauen und nicht nach Kanälen sortieren soll. So ist man in der Lage, ganzheitlich zu beraten, vielleicht ein anderes Instrument oder einen anderen Kanal zu empfehlen. Offen bleiben und schauen, welche Möglichkeiten es gibt, um das Kommunikationsziel zu erreichen. Dass man sich weiterbildet, dass man auch technisch in der Lage ist zu verstehen, was gerade passiert. Da eröffnen sich wahnsinnig viele Chancen im Bereich Marketing Automatisierung. Wenn man up to date ist, kann man besser beraten und bessere Kampagnen umsetzen. Die Aufteilung zwischen PR, Social Media oder klassischen Kanälen ist total überholt. Ich glaube, da muss man sich öffnen.
Vielen Dank für das Gespräch, Claudia.