„Wenn was wichtig ist bei Krisen und bei Krisenkommunikation, dann: sei vorbereitet! Sei auf jedes Szenario vorbereitet! Und wenn’s auch noch so blöd ist und noch so undenkbar. Spiel es einmal durch und spiel es in einer Zeit durch in der es dir gut geht!“ – Henning Marten
Wie gehen verantwortliche Kommunikator:innen mit einer Krisensituation um und was tun sie um den Schaden zu begrenzen? Diese Frage stand im Zentrum unseres Medientrainings mit Henning Marten und konnte am Ende von allen Teilnehmenden beantwortet werden.
Henning Marten ist ein echter Kommunikationsexperte. Er hat unter anderem vor vielen Jahren die Sendung Galileo mit entwickelt und war als Produzent und Autor für ZDF-Dokumentationen tätig. Vor sechs Jahren ist er auf die Beraterseite gewechselt und arbeitet seitdem in der Kommunikationsagentur WMP EuroCom in Berlin.
Unser Fallbeispiel für das Medientraining war der Sturm auf das Capitol in Washington am 6. Januar 2021. An diesem Tag drangen Hunderte Anhänger des damaligen US-Präsidenten Donald Trump gewaltsam in den Sitz des US-Kongresses ein. Die juristische Aufarbeitung gestaltet sich bis heute schwierig.
„Hätten damals die Verantwortlichen viel sauberer dokumentiert, wie dieser Tag abgelaufen ist, dann könnte man heute ganz anders mit dem Thema umgehen.“
Bevor es an den konkreten Fall ging, haben die Teilnehmenden zunächst theoretischen Input rund um das Thema Krisenkommunikation bekommen.
Stufen einer Krise
Die meisten Krisen beginnen mit einem Schock. Die Entscheidungsträger:innen sind nicht auf die Krise und dessen Folgen vorbereitet. Eine Extremsituation, in welcher Betroffene zunächst eine Art Lähmung verspüren. Oftmals führt diese dann zu einer Abwehrhaltung der Betroffenen. Der Vorfall wird geleugnet oder heruntergespielt. Nach dieser Abwehrphase kommt die Rückzugsphase, um erstmal dieser Drucksituation zu entfliehen. Danach folgt die Phase der Entschuldigung. In dieser Phase gibt das Krisenmanagement Fehler zu oder formuliert eine öffentliche Entschuldigung. Abschließend folgt dann die Anpassung oder Veränderung, in der das Krisenmanagement auf Forderungen der Öffentlichkeit eingeht, notwendige Konsequenzen aus der Krise zieht, Informationslücken abbaut und organisatorische Veränderungen einleitet.
Art der Krise
Für ein gutes Krisenmanagement ist es wichtig die Krisenform von Beginn an richtig einzuschätzen. Bei einem schweren Unfall handelt es sich beispielsweise um eine überraschende Krise. Eine Krise, die völlig plötzlich und unerwartet eintritt. Bei der wellenförmigen Krise ist das Krisenpotential dauerhaft vorhanden, wird aber nur bei akuten Ergebnissen oder Ereignissen von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Ein Beispiel sind die schlechten Produktionsbedingungen in Zulieferländern bei der Textilindustrie. Die gefährlichste Krise von allen ist die schleichende Krise. Dort ist ein Krisenpotential bekannt, es wird aber unterschätzt oder sogar ignoriert. Auch die Stürmung des Capitols in Washington kann hierein geordnet werden. Es gab genug Vorwarnungen wie die Posts oder Tweets desamtierenden Präsidenten. Hätte man all diese Warnzeichen von Trump und seinen Anhänger:innen ernst genommen, dann hätte man sehr viel früher auf diese Situation reagieren können.
Grundsätze der Krisenkommunikation
„Die Ziele der Krisenkommunikation sind eine unverzügliche, transparente, sachgerechte und wahrheitsgetreue Berichterstattung und Information.“
Mit Ausbruch der Krise stehen die Entscheidungsträger:innen vor einer großen Herausforderung. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit und die Recherchen der Journalist:innen. Unter Zeitdruck müssen trotz Mangel an Informationen, Entscheidungen getroffen und schnell gehandelt werden. An dieser Stelle helfen folgende Grundsätze:
1) Vorbereitung verschafft Zeit und Flexibilität
2) Krisenkommunikation extern und intern
3) Alle Kommunikationskanäle benutzen (Welche Zielgruppen sind betroffen?)
4) Alle Informationen mit einer Stimme sprechen
5) Kommunikation offen, klar und schnell
6) Alle Aussagen müssen wahr und glaubhaft sein (gibt heute keine Geheimnissemehr)
7) Hohe Dialogbereitschaft
8) Sätze kurz, prägnant und verständlich formulieren
9) Standpunkt erklären und wiederholen
10) Bildmaterial bereithalten
11) Empathie = Stärke
12) Zukunftsaussagen treffen (wie sollen solche Krisen in Zukunft verhindertwerden)
Auf Basis dieser sollten die Teilnehmenden anschließend einen Krisenorganisationsplan in Bezug auf die Erstürmung des Capitols entwickeln. Dazu wurden sie in drei Gruppen geteilt. Es sollte jeweils ein Plan für den President-Elect, den Speaker und den Secretary of Defence entwickelt werden. Gemeinsam wurden die Ergebnisse dann vorgestellt und von Henning Marten ausgewertet.
Was die Teilnehmenden mitgenommen haben? Das A und O einer Krise ist eine gute Vorbereitung, sodass es im besten Fall erst gar nicht zur Krise kommt. Denn: Wer vorbereitet ist und dadurch in der Lage ist schnell und richtig zu reagieren, kann größere Schäden verhindern.
„Glück in der Krisenkommunikation - darauf sollte man sich wirklich nie verlassen.“
Geschrieben von Johanna Stiller