Ehrliche und transparente interne Kommunikation und das alles in einem Wunschlos-glücklich-Paket gibt es nicht? Nach dem Vortrag der Reihe „WISSENschafftPRAXIS“ des LPRS e.V. kann man in diesem Punkt klar widersprechen. Denn Ulli Zimmermann, Projektmanagerin von „My Company Talks” beim ZEIT Verlag, macht genau das. Bereits seit 2019 bringt Sie durch das Format Menschen mit unterschiedlicher Meinung zusammen und sorgt für einen offenen Austausch auf Augenhöhe.
Was ist „My Company Talks”?
Die Geschichte des Projektes beginnt vor der Bundestagswahl 2017. Damals stellte sich das Team von ZEIT Online die Frage: „Wie kann man Leserinnen und Leser wieder mehr dazu bringen sich zu engagieren, um zu verstehen welche Themen sie beschäftigen?“ Auf Fragen folgten Taten. Vor der Wahl wurden den Leser:innen von ZEIT Online Fragen zu politischen Themen in Artikeln präsentiert.
Nach der Auswertung der Antworten mittels Algorithmus, wurden Menschen deren Meinungen zu diesen Fragen möglichst weit auseinander lagen schließlich „gematcht“. Es folgten persönliche Gespräche zwischen den Teilnehmer:innen, nun bekannt unter dem Namen „Deutschland spricht“, welche ab 2020 durch die Coronapandemie komplett ins Digitale verlagert wurden.
2019 fragte die Abteilung für interne Kommunikation von VW an, das Dialogformat auf Unternehmensebene durchführen zu können. Die Initiative „My Company Talks“ war geboren.
Wie läuft „My Company Talks” ab?
Der erste Schritt, der vor jeder Durchführung steht, ist Ausarbeitung der intern relevanten Fragen. Gemeinsam mit dem Projektpartner werden alle internen Bereiche beleuchtet, die relevant für das Unternehmen, die Mitarbeiter und zukunftsausgerichtete Aufgabenstellungen sind. Dabei beschränkt sich „My Company Talks“ längst nicht mehr auf Unternehmen. Auch für Konferenzen, Universitäten und andere Großveranstaltungen bietet das Format spannende, kommunikative Möglichkeiten, wie die Vernetzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, themenbezogene Diskussionen und zielgerichtete Fragestellungen.
Wichtig für die Ausarbeitung der Fragen ist laut Zimmermann in jedem Fall die enge Absprache mit verschiedenen Abteilungen der jeweiligen Organisation, um für eine möglichst hohe Relevanz und Bandbreite bei den Themen zu sorgen. Wiederkehrende Inhalte sind Wertschätzung, Verantwortung und Weiterentwicklung, sowie Fragen zu Nachhaltigkeit, Zukunftsvisionen und Kooperationen.
„Am Arbeitsplatz besteht häufig ein großes Harmoniebedürfnis und man redet selten über kontroverse Themen. Bei „My Company Talks“ gelingt es den Menschen viel einfacher, über diese heiklen Themen zu sprechen.“ – Ulli Zimmermann
Nachdem die Fragen beantwortet wurden, werden Teilnehmer:innen mit möglichst unterschiedlichen Antworten und damit Meinungen „gematcht“. Gemeinsam bekommen sie die Gelegenheit, sich zu den Themen aus dem Fragebogen auszutauschen. Die Folgen: Ab ca. 45 Minuten Gesprächszeit oder nach einem Mehrfachkontakt der Matches, entwickeln die Menschen ein stärkeres Empathievermögen und Verständnis für das jeweilige Gegenüber.
Was passiert nach den Gesprächen?
Nach dem Austausch werden die Themen selbstverständlich nicht vergessen. Um wichtige Diskussionspunkte aufzuarbeiten und eventuell Veränderungsprozesse anzustoßen, empfiehlt sich eine gemeinsame Veranstaltung nach Ende der Durchführung. Der Bedarf für Veränderung lässt sich außerdem aus dem Stimmungsbarometer der beantworteten Fragen ableiten. Auf diese Weise wurden auch das interne Format ZEIT spricht umgesetzt.
Der Austausch zu kontroversen Themen ist keine Garantie für direkte Veränderung und es sollte den teilnehmenden Organisationen bewusst sein, dass natürlich auch vielleicht bisher nicht klar benannte, unangenehme Themen aufkommen können, die Verbesserungsprozesse nötig machen.
Das Feedback für die Umsetzung der Dialogaktion fällt von Seiten der Organisationen, als auch der Teilnehmer:innen sehr positiv aus. Über 90% sagten sogar, dass sie sich eine Wiederholung des Formats wünschen. Ein nach dem Vortrag noch besprochener Punkt war die Tatsache, dass durch „My Company Talks" nicht nur der Austausch auf gleichen Hierarchieebenen, sondern auch der Austausch über diese Ebenen hinweg gefördert wird.
Nach den ausführlichen und spannenden Einblicken in das Format stellte sich die diesmalige Referentin noch einigen Fragen aus der Runde, wie zum Beispiel: Warum kümmern sich die HR-Abteilungen der Organisationen nicht um einen derartigen Austausch? Die Expertin erklärte, dass Projekte von außen eine ganze andere Wirkung und Glaubwürdigkeit haben als interne Versuche den Austausch untereinander anzuregen. Außerdem wird das Format ständig wissenschaftlich begleitet und dadurch weiterentwickelt und optimiert. Zum Thema der persönlichen Weiterentwicklung sagte Ulli Zimmermann zum Abschluss:
„Wir sollten genauer Fragen stellen, denn an vielen Stellen sind Fragen zielführender als sich schnell eine Meinung zu bilden.“ – Ulli Zimmermann
Text: Valentin Leißner