Ob es nun Social-Media-Analytics, Chatbots oder automatisch an die Nutzerinteressen angepasste Inhalte sind – die digitale Transformation hat die Kommunikationsbranche längst erreicht. Im Rahmen des PR-Salon der Leipziger Public Relations Studenten (LPRS) gab Clarissa Haller, Leiterin Group Communications des Münchner Traditionsunternehmens Siemens, am 13. November 2019 Einblicke in den Einsatz künstlicher Intelligenz in der Unternehmenskommunikation. Unter der Moderation von Jens Hagelstein (Lehrstuhl für Strategische Kommunikation) und Patricia Hauck (LPRS e.V.) sprach Haller unter anderem darüber, welche Anforderungen die zunehmende Digitalisierung an das Profil des Kommunikationsnachwuchses stellt.
In Zeiten von Alexa und Siri ist die Diskussion über die Chancen und Risiken künstlicher Intelligenz mittlerweile allgegenwärtig. Nach ihrem Wechsel an den Wittelsbacherplatz im Juli 2016 trieb Clarissa Haller, zuvor unter anderem in der Schweiz für ABB und Credit Suisse tätig, das Thema auch beim deutschen Technologiekonzern voran. Trotz der negativen Stimmen gegenüber Anwendungen künstlicher Intelligenz versuche sie immer, das Positive zu sehen. „Die Digitalisierung bietet unglaubliche Chancen und ist ein großer Segen für die Kommunikation.“, so Haller. Künstliche Intelligenz könne einfache Arbeiten übernehmen und erlaube der Kommunikationsabteilung mehr Zeit für andere, wichtigere Aufgaben.
Implementierung von KI braucht Zeit
In punkto Digitalthemen möchte Haller die Kompetenzen im Haus haben. Die digitale Kommunikation unter der Leitung von Mark Seall wartete dabei zuletzt mit einer Reihe neuer Lösungen auf. Dazu gehört unter anderem Coffee Mug, ein auf künstlicher Intelligenz basierender Newsfeed, der den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entsprechend ihrer Präferenzen Inhalte der Siemens-Plattformen vorschlägt. Die digitale Kaffeetasse sorgt aus Sicht der Kommunikationschefin insbesondere für mehr Sichtbarkeit im Intranet-Dschungel: „Allein im Intranet haben wir Millionen von Seiten, mit denen nicht interagiert wird. Das ist viel guter Content, der nicht gesehen wird.“ Dennoch verläuft die Einführung KI-basierter
Lösungen nicht ohne Anlaufschwierigkeiten. „Am Anfang habe ich Dinge angezeigt bekommen, die passten überhaupt nicht. Aber die KI lebt eben davon zu lernen. Die Herausforderung ist, die Leute nicht zu verlieren. So eine Implementierung braucht Zeit.“, so Haller.
Doch es gehe nicht nur darum, Inhalte für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sichtbar zu machen. Auch die Siemensianer selbst können zu Botschaftern des Unternehmens werden. Haller: „Es ist ja nicht mehr so, dass die Welt nur darauf wartet, was Siemens sagt. Mit internen Influencern erreichen wir eine ganz andere Reichweite und auch Glaubwürdigkeit.“ Die Plattform Ingenuity unterstützt diese mit Hilfe von KI nicht nur beim Schreiben von Texten, sondern schlägt passenden Autoren zudem konkrete Themen vor, die zum aktuellen Zeitpunkt in der Diskussion stehen.
Coffee Mug und Ingenuity gehen einher mit weiteren Lösungen, wie Analytics Unlocked. Die Plattform, die verschiedene Datenquellen konsolidiert und einen zentralen Engagement Score bereitstellt, musste sich zuletzt bei den PR Report Awards in der Kategorie Digitale Kommunikation geschlagen geben. Sinnbildlich – den Sieg holte Siemens mit einem anderen Projekt. Reimagine the game maß bis vor kurzem die Fanenergie in der Münchner Allianz Arena und visualisierte die Daten. Kommunikatoren als Kuratoren und Ansprechpartner Die Digitalisierung habe laut Clarissa Haller auch die Kultur in der Kommunikationsabteilung sehr verändert: „Es gibt eine große Begeisterung, solche Projekte umzusetzen.“ Doch was bedeutet die Digitalisierung nun für die notwendigen Kompetenzen des Kommunikationsnachwuchses? Nach wie vor brauche es Leute, die guten Content machen, die Arbeit habe sich jedoch stark verändert, so Haller. „Es geht darum, Inhalte zu kuratieren und Ansprechpartner zu sein. Man muss den Wandel der Kommunikation verstehen, gestalten und so Verantwortung übernehmen.“ Im Wandel mit Blick auf mehr Freiheit befindet sich aus Hallers Sicht auch das Wesen der Führung: „Leadership bedeutet, Mitarbeitern den Raum zu schaffen, um zu arbeiten und zu wachsen.“ Letztendlich könne jeder, unabhängig des Alters, seinen Beitrag leisten und Führung übernehmen.
Der LPRS e.V. bedankt sich bei Clarissa Haller für die spannenden Einblicke sowie interessanten und offenen Gespräche in der Leipziger Villa Ida.