In der Interviewreihe „Drei Fragen an ...“ des LPRS e.V. sprechen wir mit Persönlichkeiten aus der PR- und Kommunikationsbranche über die neuesten Trends und aktuelle Herausforderungen. Ganz nach dem Motto: Mehr Wissen. Mehr Kennen. Mehr Können.
Sustainability & ESG Adivsor und globaler PR-Fachmann Daniel Silberhorn gibt uns Einblicke in die Besonderheiten öffentlicher Kommunikation auf einem weltweiten Level. Als Senior Advisor bei SLR Consulting und Dozent des internationalen Universitätsprojekts GlobCom erzählt er von Nachhaltigkeit als PR-Thema und seiner Devise für internationalen Erfolg in der Branche
Inwiefern unterscheiden sich Herangehensweisen und Fokuspunkte internationaler PR von Deutschland-spezifischen Kommunikationsstrategien?
Das jeweilige kulturelle und gesellschaftliche Umfeld spielt da eine große Rolle. Da sind Medien und Nutzungsgewohnheiten mit drin, die aktuell relevanten Themen und all das, was eine Gesellschaft in ihrer Kultur ausmacht. Speziell mit Blick auf Deutschland wird zum Beispiel deutlich, dass Medienarbeit immer noch eine sehr große Rolle spielt, weil wir trotz aller Konzentrationsprozesse im Vergleich zu anderen Ländern eine noch recht diverse Medienlandschaft haben. Auch Sprache ist wichtig. Ein Begriff, in welchem wir in unserem Kulturraum zum Beispiel etwas positives sehen, kann lokal ganz anders belegt werden.
Das erleben wir auch im Kontext von GlobCom sehr stark, einem internationalen Education Projekt mit bis zu 15 Unis weltweit, wo die Studierenden in Teams für echte Kund:innen globale Strategien entwickeln. Bei allen Ähnlichkeiten zwischen den Teilnehmer:innen – Studium, Interesse an PR, internationale Orientierung – treten trotzdem immer lokale Unterschiede auf. Es gibt zum Beispiel andere Haltungen zu Finanzen oder Farben, die eine andere Rolle spielen. Wenn Kommunikationsstrategien funktionieren sollen, muss so etwas berücksichtigt werden.
Wenn wir die Definition von internationaler PR anschauen, ist das Kommunikation zwischen Ländern. Unter dem Begriff “globale Kommunikation” verstehe ich eine Kommunikation, die eine zentrale Komponente hat, aber sich in der Entwicklung von Strategien lokal steuern und informieren lässt und in der Umsetzung lokale Unterschiede berücksichtigt. Man fährt im grenzüberschreitenden Kommunizieren immer am besten, wenn man mit Leuten arbeitet, die auch im jeweiligen Markt aktiv sind.
„Je globaler man mit einer PR-Strategie werden möchte, desto genauer muss man auf der anderen Seite auch lokal hinsehen.“
Wie bei PR allgemein gibt es nicht das perfekte Instrument. Das wichtigste ist immer, mit Leuten in Kontakt treten, international und lokal. Versuchen zu verstehen, wo sie stehen, wie sie denken, welche Motivationen und Ziele sie haben. Und dann in der Kommunikation diese Sachen aufzugreifen und sie damit relevant zu machen.
Was ist Ihrer Meinung nach das brennendste Anliegen für internationale PR?
Meine Idealvorstellung von PR ist ein Two-Way-Modell zu haben. Das heißt, dass die Leute, die in der Kommunikation tätig sind, nicht nur nach draußen rufen, sondern auch nach innen beeinflussen und beraten. Weil sie die Chance haben, mit den Stakeholdern in Kontakt zu sein, weil dort die Fragen einlaufen.
Der Bereich, in dem man gesellschaftlich in der Kommunikation eine große Rolle spielen kann, sind beispielsweise die Development Goals der Vereinten Nationen. Mich persönlich interessiert der Klimawandel sehr, und wenn man den jüngsten Bericht vom IPCC, dem “Weltklimarat”, liest, werden Hürden deutlich: weil Leute die Tatsachen nicht kennen, weil Finanzen nicht ausreichend Richtung Klimawandel geleitet werden, weil Politik und Wirtschaft nicht an einem Strang ziehen – das sind lauter PR-Aufgaben. Die IPRA, einer der internationalen Fachverbände, hat seit Anfang letzten Jahres auch ein climate change chapter, wo man sich mit dem Thema Klimawandel beschäftigt und definiert, welche Aufgabe PR in diesem Kontext hat. Kommunikation gehört da dazu, weil wir im Bereich Nachhaltigkeit die wissenschaftlichen Fakten kennnen und wissen, was zu tun ist. Jetzt müssen nur noch alle Leute mitmachen. Ich zitiere auch gerne David Attenborough, der Ende 2020 schon gesagt hat: “Saving the planet has now become a communications issue”. Besonders von NGOs kommt immer viel “Apokalyse-Kommunikation” – aber das bewegt kaum jemanden dazu, tatsächlich irgendwas zu ändern, auf der eigenen oder der gesellschaftlichen Ebene. Da kann Kommunikation helfen. Was ist das Narrativ, wovon reden wir wie, welche Chancen sind in Zukunft da? Da kann die PR eine idealtypische Verbindungsrolle spielen, wenn wir eine Gesellschaft und Wirtschaft systemtheoretisch betrachten. Dass wir als PR-Menschen da mitgestalten können, ist für mich persönlich sehr stark die Hoffnung.
Das internationale PR-Projekt GlobCom richtet sich an Studierende in verschiedenen Stufen ihres Werdegangs. Was sind da besondere Hürden und Mehrwerte für Fachneulinge? Und was können Sie als Dozent mitnehmen?
Für neue Student:innen ist das ein ziemlicher Sprung, was die Anforderungen angeht. Es verlangt gerade in Deutschland ein sehr hohes Maß an Eigeninitiative und Eigenmotivation. Es ist ein Umfeld, das einem viel gibt, aber es erfordert doch auch einiges an Zeit, an Aufwand, an Engagement. Aber es gibt die seltene Möglichkeit, erste Erfahrungen dieser globalen Welt der Kommunikationslandschaften zu sammeln. Mit meinem Interesse an Nachhaltigkeit, finde ich besonders toll, dass das Projekt GlobCom auch zu den Sustainable Development Goals der Vereinigten Nationen passt – Zusammenarbeit, kritisches Denken, Voraussicht. Dadurch bin ich sehr überzeugt, dass die Arbeit an so einem Projekt einen Lernbereich gibt, eben diese Kompetenzen zu erlernen, die man für eine ganze Vielzahl an internationalen Themenfeldern können muss.
Auf der persönlichen Ebene profitiere ich unglaublich durch diese Verbindung mit Menschen in anderen Ländern, und von der Möglichkeit, von anderen Menschen zu lernen und auch dort selber Gastvorträge zu halten. Ich realisiere damit sehr stark auch meinen persönlichen Wunsch, über Ländergrenzen hinweg verbunden zu sein und Austausch zu haben.